Frühe Kita-Aufnahme: Welche Folgen hat das für Tagesmütter und Kinder?
- Tiger Rudel Autorin
- 6. März
- 4 Min. Lesezeit

Seit Kurzem gibt es vermehrt Berichte darüber, dass Kinder bereits mit 12 oder 16 Monaten in Kitas aufgenommen werden können. Diese Entwicklung betrifft besonders Tagesmütter und -väter, die sich fragen müssen, welche Auswirkungen diese Veränderung auf ihre Arbeit und die Zukunft der Kindertagespflege haben wird.
Gleichzeitig stehen Eltern vor der Herausforderung, die beste Betreuungsform für ihr Kind zu finden. Doch was bedeutet diese frühe Kita-Aufnahme wirklich? Ist sie im besten Interesse der Kinder? Und wie beeinflusst sie Tagespflegepersonen, die in eine qualitativ hochwertige Betreuung investiert haben?
Die aktuelle Situation: Kitas nehmen immer jüngere Kinder auf
Es gibt neue Regelungen, die in NRW und anderen Bundesländern dazu führen, dass Kinder schon mit 12 bis 16 Monaten in Kitas aufgenommen werden. Diese Entscheidung basiert darauf, dass der Bedarf an früher Betreuung aufgrund der steigenden Erwerbstätigkeit von Eltern gewachsen ist.
In Frechen und vielen anderen Städten zeigt sich ein klarer Trend: Die Nachfrage nach Kita-Plätzen steigt rasant, während Tagespflegepersonen kämpfen, um ihre Betreuungsplätze zu füllen. Eltern werden durch finanzielle Anreize und subventionierte Kita-Plätze motiviert, ihre Kinder so früh wie möglich dort anzumelden. Doch ist das tatsächlich die beste Lösung für die Kleinsten?
Tagespflege vs. Kita: Was ist besser für kleine Kinder?
Viele Eltern stehen vor der Entscheidung: Kita oder Tagespflege? Während Kitas durch finanzielle Unterstützung der Kommunen oft günstiger sind, bietet die Tagespflege gerade für die Jüngsten enorme Vorteile:
1. Kleinere Gruppen Kinder in einer Tagespflegegruppe sind oft in einer Gruppe von maximal fünf Kindern. Dadurch kann eine enge Bindung zur Betreuungsperson aufgebaut werden, was besonders in den ersten Lebensjahren wichtig ist.
2. Individuelle Betreuung In einer Tagespflege kann viel besser auf die individuellen Bedürfnisse der Kinder eingegangen werden. Ein Kleinkind, das noch viel Ruhe und eine sanfte Eingewöhnung braucht, kann in einer kleinen Gruppe viel besser betreut werden als in einer großen Kita mit 15 bis 20 Kindern pro Gruppe.
3. Feste Bezugsperson In einer Tagespflege gibt es nur eine Betreuungsperson. Kitas hingegen haben oft wechselndes Personal, sodass es für Kinder schwieriger ist, eine sichere Bindung aufzubauen. Gerade in den ersten Jahren ist eine stabile Bezugsperson entscheidend für eine gesunde emotionale Entwicklung.
4. Sanfte Eingewöhnung Viele Tagespflegepersonen bieten eine langsame, kindgerechte Eingewöhnung an, die an die Bedürfnisse des Kindes angepasst wird. In Kitas muss die Eingewöhnung oft schneller gehen, da mehr Kinder gleichzeitig starten.
5. Weniger Infektionskrankheiten Kleine Gruppen bedeuten auch weniger Kontakt mit Keimen und Viren. In Kitas sind Kinder oft häufiger krank, weil sie mit vielen anderen Kindern in engem Kontakt stehen.
Die finanzielle Perspektive: Wer profitiert wirklich?
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die finanzielle Seite. Während Kitas von der Stadt subventioniert werden, müssen Tagespflegepersonen oft hohe Investitionen tätigen, um eine kindgerechte Umgebung zu schaffen. Sie müssen nach strengsten Standards arbeiten, erhalten aber nicht annähernd dieselbe Unterstützung wie Kitas. In vielen Fällen können Tagesmütter ihre Betreuungsplätze nicht füllen, weil Eltern von der Stadt einen günstigen Kita-Platz angeboten bekommen. Das führt dazu, dass Tagespflegepersonen finanziell unter Druck geraten und schließen müssen.
Während also Eltern durch einen günstigen Kita-Platz kurzfristig profitieren, verliert die Gesellschaft langfristig eine wichtige Betreuungsform, die vielen Kindern einen besseren Start ermöglicht hätte. Doch wer profitiert wirklich? Die Kommunen, die Kitas fördern und durch die steigende Anzahl an betreuten Kindern Gelder erhalten, während Tagespflegepersonen zunehmend um ihre Existenz kämpfen müssen.
Statt einer ausgewogenen Wahlmöglichkeit zwischen Kita und Tagespflege wird ein Ungleichgewicht geschaffen, das nicht nur für Betreuungspersonen problematisch ist, sondern auch für Eltern, die vielleicht später feststellen, dass die Kita nicht die beste Wahl für ihr Kind war.
Ein besonders heikler Punkt ist die Entscheidung vieler Eltern, die trotz eines bereits vereinbarten Kennenlernens mit einer Tagespflegeperson kurzfristig abspringen, sobald ein Kita-Platz angeboten wird. Tagesmütter und -väter investieren viel Zeit in diese Kennenlerngespräche, drucken Verträge aus, planen die Betreuung – nur um dann als Notlösung abgetan zu werden.
Das ist nicht nur respektlos gegenüber den Tagespflegepersonen, sondern zeigt auch, dass oft nicht das Kind im Mittelpunkt der Entscheidung steht, sondern die kurzfristige Bequemlichkeit oder finanzielle Ersparnis.
Entscheidungshilfe für Eltern: Was ist wirklich das Beste für mein Kind?
Viele Eltern entscheiden sich für die Kita, weil sie wieder arbeiten müssen und denken, dass es die einzige Option ist. Dabei sollte die Entscheidung für eine Betreuungsform immer aus der Perspektive des Kindes getroffen werden.
Fragen, die sich Eltern stellen sollten:
Ist mein Kind bereit für eine große Gruppe oder braucht es eine ruhigere Umgebung?
Welche Eingewöhnungsmethode passt zu uns?
Welche Bezugsperson ist für mein Kind wichtig?
Wie viel individuelle Betreuung braucht mein Kind?
Treffe ich die Entscheidung für mein Kind?
Ja, eine Tagespflege bedeutet eventuell zwei Eingewöhnungen (eine in die Tagespflege und später in die Kita), aber es kann dem Kind den bestmöglichen Start geben, indem es in einer geborgenen Umgebung mit individueller Betreuung aufwächst.
Eltern sollten sich bewusst machen, dass die ersten Jahre entscheidend für die emotionale Entwicklung eines Kindes sind und die Wahl der Betreuung nicht nur eine organisatorische oder finanzielle Frage sein sollte.
Fazit: Ein Umdenken ist notwendig
Die frühe Kita-Aufnahme bringt Herausforderungen für Tagespflegepersonen, Kinder und Eltern mit sich. Während Kitas von den Städten subventioniert werden, kämpfen Tagespflegepersonen ums Überleben. Gleichzeitig stellen sich Eltern die Frage, ob die Kita oder die Tagespflege die bessere Wahl ist.
Doch die eigentliche Frage sollte lauten: Ist es wirklich im besten Interesse des Kindes? Oder wird die Entscheidung aus Bequemlichkeit oder finanziellen Gründen getroffen? Tagespflegepersonen bieten einen geschützten, liebevollen Rahmen, der für viele Kleinkinder die ideale Umgebung darstellt. Dennoch werden sie oft nur als Übergangslösung gesehen – bis die Kita ruft. Das ist nicht nur unfair gegenüber den engagierten Betreuungspersonen, sondern auch eine verpasste Chance für die Kinder.
Eltern sollten sich bewusst machen, dass jede Betreuungsperson, die sie kennenlernen, Zeit und Mühe investiert. Eine plötzliche Absage nach einem intensiven Kennenlernprozess ist nicht nur respektlos, sondern zeigt, dass die Entscheidung möglicherweise nicht mit der nötigen Verantwortung getroffen wurde.
Letztendlich geht es nicht nur darum, wann und wo ein Kind betreut wird – sondern darum, dass es sich wohlfühlt, geborgen ist und bestmöglich aufwächst. Wer sich dieser Verantwortung bewusst ist, wird sich nicht von kurzfristigen Vorteilen leiten lassen, sondern von dem, was wirklich zählt: dem Wohl des eigenen Kindes.
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