Jerome Bruner: Lernen als aktiver Prozess
- Tiger Rudel Autorin

- 19. Nov.
- 3 Min. Lesezeit

Jerome S. Bruner (1915–2016) war ein US-amerikanischer Psychologe und Pädagoge, dessen Arbeiten das moderne Bildungswesen nachhaltig geprägt haben. Er entwickelte das Konzept des entdeckenden Lernens und betonte, dass Kinder Wissen nicht einfach passiv aufnehmen, sondern aktiv an dessen Konstruktion beteiligt sind.
Seine Theorien zur kognitiven Entwicklung, zur Spiral-Curriculum-Methode und zur Bedeutung der Sprache im Lernprozess haben bis heute großen Einfluss auf die Pädagogik.
Bruners Weg zur Pädagogik
Jerome Bruner wurde 1915 in New York geboren. Nach seinem Psychologiestudium an der Duke University und der Harvard University widmete er sich intensiv der Erforschung der menschlichen Wahrnehmung und kognitiven Entwicklung.
Während des Zweiten Weltkriegs arbeitete er für die US-Armee an psychologischen Forschungen und erkannte, wie entscheidend die Art und Weise der Informationsverarbeitung für das Lernen ist.
In den 1950er Jahren verlagerte sich sein Forschungsschwerpunkt auf Bildungsfragen. Inspiriert von den Theorien Jean Piagets und Lev Vygotskys entwickelte Bruner die Idee, dass Kinder Wissen aktiv konstruieren, indem sie sich mit ihrer Umwelt auseinandersetzen.
Er vertrat die Auffassung, dass jedes Kind – unabhängig von Alter oder Vorwissen – jedes beliebige Thema verstehen kann, wenn es in einer geeigneten Weise vermittelt wird.
Die Kernprinzipien von Bruners Theorie
Lernen als aktiver Prozess: Kinder sind keine passiven Wissensspeicher, sondern konstruieren ihr Wissen durch eigene Erfahrungen, Entdeckungen und Interaktionen mit ihrer Umwelt.
Spiral-Curriculum: Wissen sollte nicht einmalig, sondern in wiederkehrenden Lernzyklen vermittelt werden. Komplexe Inhalte werden zunächst in vereinfachter Form eingeführt und später schrittweise vertieft.
Kategorisierung und Strukturierung: Lernen erfolgt durch das Einordnen neuer Informationen in bestehende mentale Strukturen und Kategorien. Dies erleichtert das Verstehen und das spätere Abrufen von Wissen.
Die Rolle der Sprache: Sprache ist weit mehr als ein Kommunikationsmittel – sie dient als Werkzeug des Denkens. Durch Sprache ordnen Kinder ihre Gedanken, reflektieren über ihre Erlebnisse und tauschen sich mit anderen aus.
Instruktive Unterstützung (Scaffolding): Erwachsene oder erfahrene Lernende bieten gezielte Hilfestellungen, die schrittweise abgebaut werden, sobald das Kind eine Aufgabe selbstständig bewältigen kann.
Bruners Ansatz im Alltag: Tipps für Eltern und
1. Entdeckendes Lernen fördern
Anstatt Wissen vorzugeben, sollten Eltern und Tagespflegepersonen Kinder dazu ermutigen, eigenständig Lösungen zu finden und Fragen zu stellen.
Stelle offene Fragen wie: „Was denkst du, passiert als Nächstes?“ oder „Wie könnten wir das Problem lösen?“
Biete eine Vielfalt an Materialien zum Erkunden und Experimentieren an, z. B. Bausteine, Naturmaterialien oder einfache Werkzeuge.
2. Das Spiral-Curriculum anwenden
Kinder sind in der Lage, auch komplexe Themen zu verstehen, wenn diese altersgerecht und in mehreren Schritten vermittelt werden.
Greife Themen immer wieder auf und vertiefe sie schrittweise mit zunehmendem Alter und Erfahrung.
Erkläre naturwissenschaftliche oder mathematische Konzepte spielerisch und baue auf bereits vorhandenes Wissen auf.
3. Sprache als Denkwerkzeug nutzen
Sprache hilft Kindern, Zusammenhänge zu erkennen, ihre Gedanken zu strukturieren und Wissen besser zu verarbeiten.
Ermutige dein Kind, seine Gedanken und Überlegungen laut auszusprechen.
Stelle vertiefende Fragen wie: „Warum denkst du, dass das passiert?“ oder „Was könnte eine andere Lösung sein?“
4. Strukturierte Unterstützung (Scaffolding) bieten
Kinder profitieren von gezielter Unterstützung, die schrittweise reduziert wird, sobald sie eine Fähigkeit selbstständig anwenden können.
Zeige eine Strategie vor und begleite das Kind bei den ersten Versuchen, bevor du dich zurücknimmst.
Lobe nicht nur das Ergebnis, sondern auch den Denkprozess und die Bemühungen des Kindes.
Buch-Empfehlungen für Eltern und Tagespflegepersonen
„The Process of Education“ – Jerome Bruner (Grundlegendes Werk zur Spiral-Curriculum-Methode)
„Acts of Meaning“ – Jerome Bruner (Über die Rolle von Sprache und Kultur im Lernprozess)
„In Search of Pedagogy“ – Jerome Bruner (Sammlung seiner wichtigsten pädagogischen Schriften)
Fazit
Jerome Bruner hat unser Verständnis von Lernen revolutioniert. Seine Theorien verdeutlichen, dass Kinder durch aktives Erkunden, strukturiertes Wiederholen und sprachliche Reflexion Wissen konstruieren.
Eltern und Tagespflegepersonen können Bruners Ansätze gezielt nutzen, um Kinder spielerisch an neue Themen heranzuführen, ihre Neugier zu fördern und ihre kognitiven Fähigkeiten nachhaltig zu unterstützen.







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